Besuch auf Vanuatu
Wir freuten uns ganz besonders auf unseren nächsten Stopp in Vanuatu, da wir nicht nur einen aktiven Vulkan besichtigen, sondern auch in Kontakt mit einer sehr
einfach lebenden Bevölkerung kommen würden. Die Inselgruppe Vanuatu ist eine Y-förmige Anordnung von über 80 Inseln. Die Hauptstadt Port Vila liegt auf der Insel Efate. Unser Programm sah vor,
nach der Insel Tanna auf dem Weg nach Port Vila einen kurzen Stopp auf der Insel Erromango einzulegen.
Der Start unserer fünftägigen Überfahrt verlief mehrheitlich ruhig. Etwa am dritten Tag wurden wir von einem anderen Segelschiff kontaktiert, dass uns empfahl, südlicher zu fahren, um einem möglichen Starkwind auszuweichen. Wir nahmen diese Warnung
ernst und fuhren in den Süden.
Am Montagnachmittag merkten wir plötzlich, dass der Wind immer stärker in die Segel blies. Glücklicherweise hatten wir bereits das dritte Reff im Grosssegel, da wir stärkere Winde vermuteten. Schnell holten wir noch die Genua ein und dann war der Wind auch schon in Höchstform. Der Windmesser zeigte über 40 Knoten scheinbaren Wind an und wir machten gute sechs bis sieben Knoten Fahrt (diese insgesamt 46 Knoten sind mehr als 85 km/h). Da wir so stark in den Süden gefahren waren, bekamen wir glücklicherweise nur den Rand dieser Front mit. Nach gut zwei Stunden war es ausgestanden und normale Windverhältnisse setzten ein. Wir hatten unsere Ankunft in Tanna auf den Montagmorgen geplant – und jetzt waren wir deutlich zu schnell unterwegs gewesen. Den Rest der Nacht dümpelten wir Richtung Tanna und fuhren bei Tageslicht an den Ankerplatz. Die Nacht am Ankerplatz war anscheinend sehr wellig gewesen und wir bezweifeln, ob die Segler hier in der Nacht mehr Schlaf gekriegt hatten als wir.
Kaum lagen wir vor Anker, bereiteten wir unser Dinghi vor. Um etwas Sport zu machen, entschlossen wir uns, den schweren Aussenborder vorerst einmal nicht auszupacken und an Land zu paddeln. Das ging zuerst auch gut, bis allerdings Sandra die Puste ausging (es hatte aber auch viel Wind und einige Wellen). Glücklicherweise kamen gerade Tim und Brian vom Katamaran „Folie à Deux“ vorbei und schleppten uns mit ihrem Dinghi an Land... (Danach wurde der Aussenborder aber subito ausgepackt J!) Schon von weitem sahen wir die Kinder, die an Land herumhüpften und aufgeregt zum Dinghi-Landeplatz kamen. Kaum waren wir an Land, begrüsste uns ein Einheimischer freundlich, der einfach die Hand ausstreckte und sagte: „Hello, I’m Warren.“ Das ist uns in Vanuatu immer wieder passiert: Die Leute kamen auf uns zu, stellten sich mit Vornamen vor und gaben uns die Hand. Kennt man von der Schweiz und Luxemburg ja nicht gerade...:-)
Ein Dorf auf Tanna, Vanuatu
Nach dem Einklarieren machten wir eine kleine Tour durch das Dörfchen. Die Menschen leben in kleinen, selbstgebauten Holzhütten und halten die Umgebung sowie die Pfade durch das Dorf sehr sauber. Auf dem grossen Sportplatz (das heisst: auf der grossen Wiese) spielten die Männer Fussball und schön getrennt davon die Frauen Volleyball. Wir sahen eine Weile zu und wirklich: Die spielten echt super! Später erfuhren wir, dass es fast keine andere Beschäftigung gibt wie Sport – oder am Abend Kava trinken. Auf der Dorf-Tour kamen wir am runden Kava-Platz vorbei, wo sich die Männer allabendlich zum Kavatrinken treffen (sozusagen wie im Pub). Frauen sind nicht erlaubt – sie dürfen eigentlich nicht mal hinschauen (es wird allerdings gemunkelt, dass Sandra in die Richtung geblinzelt hat – Gott sei Dank gab es keine Zeugen)!
Wir kamen auch an zwei oder drei sogenannten Restaurants vorbei: Kleine Holzhütten, die einen Tisch in der Mitte und Bänke oder wenige Stühle rundherum haben. Mit zehn Leuten ist bereits volles Haus – oder volle Hütte J. Wir hatten unsere Freude an diesen kleinen, beschaulichen Restaurants, haben jedes Restaurant im Dorf ausprobiert und jedes Mal gut gegessen. Es gab meistens Reis mit Pouletcurry und Yams, Maniok oder Süsskartoffeln und eine Kokossauce dazu. Wir haben sogar das dazu servierte Wasser getrunken, obwohl es uns nicht ganz klar war, woher dieses kam. Glücklicherweise ist es uns nicht auf den Magen geschlagen. Mit den Köchinnen haben wir gerne noch ein wenig geplaudert. Es stellte sich nach kurzer Zeit heraus, dass sie lieber Französisch als Englisch redeten – und das akzentfrei! In Vanuatu gibt es neben Bislama als Amtssprache auch Französisch und Englisch, was zweifelsfrei auf den Einfluss der früheren Kolonialherren zurückzuführen ist. Die Eltern wählen, ob sie ihr Kind auf eine französische oder eine englische Schule schicken wollen. Ein Schulzimmer haben wir auf Tanna ebenfalls besichtigt. Einfache Holzbänke reihten sich aneinander, die Wandtafel war rissig vom häufigen Benutzen und es war nur schwer möglich, die Schrift darauf zu entziffern. Von Computern gab es natürlich keine Spur (wie auch, ohne Strom?). Wir hatten als Geschenk Bleistifte, Farbstifte, Filzstifte, Hefte, Radiergummis, etc. mitgebracht und uns wurde bald klar, dass diese für uns so einfach zugänglichen Materialien den Kindern auf Tanna viel mehr bedeuten als bei uns. Auch über Kleider waren die Einheimischen sehr froh. Während die Männer meistens Jeans und T-Shirts trugen, hatten die Frauen oft selbstbemalte Kleider oder zusammengewürfelte Röcke mit irgendwelchen T-Shirts an. Den Kindern schlotterten T-Shirts oder Pullis um die Beine, da viele Besucher Erwachsenenkleider schenkten.
Die Menschen auf Tanna haben wirklich nicht viel zum Leben, aber das Schlimmste ist, dass es keine Arbeit gibt. Jede Familie kann sich mit genügend Essen aus dem eigenen Garten versorgen (bei diesen Temperaturen und der nährstoffreichen Vulkanerde wächst es sich gut). Schweine und wilde Kühe liefern Fleisch und manchmal gibts auch Hummer. Es gibt zwei Bäckereien (das heisst zwei Eisenrohre, die erhitzt werden und in denen das Brot gebacken wird), drei Restaurants, fünf Bungalows für Touristen und eine kleine Markthalle, die Schule, ein kleines Haus, das als Spital dient und das wars dann. Vielleicht muss man da einfach zu Kava greifen...
Fussballweltmeisterschaft exklusiv auf Vanuatu
Das vorherrschende Thema während unseres Aufenthalts in Vanuatu war die Fussballweltmeisterschaft, die sogar an diesem entlegenen Winkel der Welt begeistert verfolgt wurde! Shaqiri war hier übrigens ebenfalls ein Begriff. Es stellte sich heraus, dass erstaunlicherweise enorm viele Einheimische Deutschland unterstützten. So bastelten zum Beispiel die Kinder in der Schule mit kleinen Stöckchen und selbstbemaltem Papier Germany-Flaggen, mit denen sie dann laut rufend durchs Dorf rannten.
Von deutschen Seglern erfuhren wir, dass der Halbfinal Deutschland-Brasilien in der Schule gezeigt werden würde (mit einem tragbaren Generator sollte der Fernseher zum Laufen gebracht werden). Das liessen wir uns nicht entgehen und so kam es, dass wir morgens früh um sieben in der Schule eintrafen. Mehrere Bänke waren aufgestellt und vorne stand ein Fernseher, um den sich gerade verzweifelt Leute scharrten, da er nicht in Gang gebracht werden konnte. Wir setzten uns und Jocelyn neben mir stellte sich vor. Sie sei Deutschland-Fan, weil sie einen deutschen Bekannten hätte, der in Australien lebe. Nach zwanzig Minuten bangen Wartens war klar, dass die Satellitenübertragung auf den Fernseher nicht funktionierte. Die Deutschen liessen schon enttäuscht ihre Köpfe hängen, als es plötzlich hiess, wir könnten mit einem Pick-Up in das nächste Dörfchen fahren. Wo dieser so schnell herkam, wissen wir nicht (es gab in diesem Dörfchen vielleicht fünf Autos). Auf der Fahrt wurden wir kräftig durchgeschüttelt (die Strassen waren festgestampfte Wege, es war nichts betonniert) und das Schweinchen zu Sandras Füssen, das in einen Jutesack gepackt worden war und für irgendjemanden im nächsten Dorf bestimmt war, quiekte erbärmlich. Wir waren froh, als wir ankamen – und hallo, uns erwartete doch tatsächlich eine Grossleinwand mit Beamer! Der Eintritt kostete 1 SFr. und es gab zwar kein Bier (was auch gut war, so morgens um 7 Uhr!), kein Essen und keine Stühle, aber die Atmosphäre auf den Strohmatten am Boden war trotzdem ein Highlight!
Deutschland lag schon 4:0 in Führung als wir mit einiger Verspätung eintrafen, somit war die Spannung nicht gerade prickelnd
J. Um acht Uhr standen die Kinder plötzlich auf und wurden rausgeschickt – klar, sie mussten ja zur Schule. Nachdem Deutschland das Spiel deutlich für
sich entscheiden konnte, lud Jocelyn alle für den Abend zu sich nach Hause ein, weil sie sich so freute
J.
In Erromango, der zweiten Insel, die wir besichtigten, trafen wir Mike, der uns gleich nach einer Deutschlandflagge fragte. Leider hatten wir keine, aber ein anderes Segelschiff überreichte ihm eine ziemlich grosse Deutschlandfahne. So kommt es, dass man, wenn man in Dillon’s Bay auf Erromango ankert, als allererstes eine riesige Deutschlandflagge sieht.
Den Final liessen wir uns natürlich nicht entgehen und diesmal auf Port Vila gab es tatsächlich einen grossen Screen im Freien. Der Platz war zwar nicht bis zum Bersten voll, aber auch in Port Vila hatten die Deutschland-Fans eindeutig die Nase vorn...
Donnernder Vulkan
Ein weiteres Highlight auf Tanna war der Besuch eines aktiven Vulkans. Zuerst sahen wir in einem Village einen traditionellen Tanz in der ursprünglichen Tracht (das heisst für Frauen und Männer nur Baströcke), bevor wir erneut in Pick-Ups durchgeschüttelt wurden. Irgendwann qualmte schon der Rauch auf den Seiten der Strassen hervor und wir hofften, dass der Vulkan nicht gerade ausbrechen würde. Nach einem kurzen Fussmarsch durch eine triste graue Mondlandschaft gelangten wir auf die Aussichtsplattform. Staunend blickten wir mit leicht zittrigen Beinen nahe des Abgrunds in die gelbrot brodelnde Masse hinunter. Der Vulkan stampfte und donnerte, explodierte und brummte die ganze Zeit ohrenbetäubend und ohne Unterlass. Von Zeit zu Zeit spuckte er meterhoch glühende, unterschiedlich grosse Gesteinsbrocken und Funken aus, die uns jeweils erschrocken nach hinten treten liessen. Wir erinnerten uns an den ausserordentlich guten Tipp unseres Guides: Wenn Gesteinsbrocken in unsere Richtung geflogen kämen, dann „just step aside“...!!! Da der Wind aber die Asche und die Brocken in die uns entgegengesetzte Richtung blies, war es ungefährlich für uns und wir konnten das Spektakel geniessen.
Land Diving und ein Ausritt in den Dschungel
Auf Vanuatu gibt es eine angsteinflössende Tradition: Das land diving. Dabei klettern junge Männer auf einen Baum und schnallen sich Lianen um die Fussknöchel. Dann gehts los wie beim Bungee Jumping: Einmal runter... Nur unten gibts kein Wasser sondern harte Erde! Das braucht dann schon noch einige Nerven. Leider verpassten wir dieses eindrückliche Ereignis, das jeweils in der ersten Jahreshälfte stattfindet.
Wir unternahmen auch einen Ausritt in den Dschungel und wurden auf richtige Traumrösser gesetzt: Tom’s Pferd war ein alter Ackergaul, der immer wenn es hinauf ging, gaaaanz langsam wurde und Sandra hatte einen sehr hunrigen Hengst erwischt, der wo immer möglich, man könnte sogar sagen, fast die ganze Zeit, frischfröhlich am Gras zupfte. Es war ein unvergesslicher Ausritt J.
Port Vila und Weiterreise
Unser letzter Stopp in Vanuatu war die Hauptstadt Port Vila. Im Vergleich zu Tanna ist Port Vila sehr westlich. Geteerte Strassen, moderne Hotels und
Supermärkte sowie Internet findet man hier. Obwohl wir uns zugegeben etwas ausgehungert darauf stürzten, hat es uns rückblickend im beschaulichen Tanna doch besser gefallen.
Unsere Pazifikzeit neigt sich langsam dem Ende zu – es geht so schnell! Unser nächster Stopp (man glaubt es kaum) ist ... AUSTRALIEN!
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Urthe (Montag, 28 Juli 2014 15:59)
Faszinierend! Hoffentlich bekommt ihr keinen Zivilisationsschock in Australien. Gute Weiterfahrt!
Yvius (Montag, 04 August 2014 13:17)
Wou ass den Waschi ???