Eindrücklicher Start
Am Samstag, 11. Januar 2014, um 12.00 Uhr fiel der Startschuss zur ersten Etappe der World ARC. Pünktlich fanden sich alle Schiffe in der Rodney Bay ein und wurden von einigen jubelnden Schaulustigen auf anderen Schiffen und einer Unmenge von Dinghi-Fahrern verabschiedet. Bei perfektem Wetter segelte die Flotte nach Castries und bot selbst den mitsegelnden Teilnehmern ein eindrückliches Bild. Um dies besser geniessen zu können,
befanden wir uns eher im hinteren Teil – auch deshalb, weil es uns in der engen Rodney Bay und dem Weg nach Castries nicht ganz geheuer war, unseren Platz mit 30 anderen Schiffen teilen zu müssen.
Die Fahrt nach San Blas
Schon zu Beginn ging es flott voran und wir profitierten von Sonnenschein und eher ruhiger See. Wannes, der junge Belgier, der uns nach San Blas begleitete, half uns sehr. Auch wenn er nicht viel Segelerfahrung hatte, waren wir doch froh, eine dritte Person mit an Bord zu haben. In der ersten Nacht überholten wir frech ein anderes Segelschiff, das mit etwa gleich grossen Segeln einfach nicht schneller war als wir. Das war doch mal ein Erfolgserlebnis! Nach drei Tagen nahm der Wind deutlich zu und mit ihm auch die Wellen, so dass unser Segeln ziemlich „bumpy“ wurde, wie die Englischsprachigen sagten. Trotzdem kamen wir gut voran und kämpften uns von der einstigen letzten Position (wie wir wieder dahin gekommen sind, ist uns auch unklar) bis auf den viertletzten Platz vor – nicht schlecht!
Täglich um 9.00 und 18.00 Uhr gab es eine Funkrunde mit allen World ARC-Schiffen – ein Highlight. Zuerst wurden die aktuellen Positionen abgefragt (wir verglichen immer sofort mit unserer und fanden so heraus, wer gerade in unserer Nähe war) und anschliessend war Zeit für einen „informal“ Chat. Darin wurde der letzte gefangene Fisch in grossen Tönen angepriesen, Begegnungen mit Delphinen oder der Zollbehörde beschrieben oder gar Bestellungen für Drinks aus der Bordbar entgegengenommen. Es war einfach schön zu wissen, dass so viele andere Schiffe mit dem gleichen Ziel – und in nächster Nähe – unterwegs waren. Bereits jetzt waren wir froh, mit der World ARC dieses Abenteuer in Angriff genommen zu haben. Sonst haben wir auf dem Weg nach San Blas viel philosophiert, unsere Seele baumeln lassen und drei Tage lang den gleichen selbstgefangenen Thunfisch in allen möglichen Variationen gegessen.
Ankunft im Paradies
Gemäss unseren Berechnungen sollten wir in der Nacht in San Blas eintreffen – Erinnerungen an diverse Fotos von unheimlichen Wracks, die auf nur bei Tag sichtbaren Riffen lagen, hielten uns davon ab, bei Nacht einzufahren und einen Ankerplatz zu suchen. Wir verlangsamten unsere Fahrt, liessen es gar zu, dass uns andere Schiffe noch einholten und erreichten um Punkt sechs Uhr in der Früh die imaginäre Ziellinie. Bei Tageslicht segelten wir direkt zu den Coco Banderas, einer Inselgruppe in San Blas, die wir schon im Vorfeld gebührend bewundert hatten. Wenn ihr Zeit habt, googelt doch mal San Blas Islands – ihr werdet dahinschmelzen! So jedenfalls ging es uns, als wir die vielen kleinen Inseln mit Palmen, die Strände mit puderfeinem Sand und das türkisfarbene Wasser sahen. Einfach unglaublich schön! Einige Inseln haben nur wenige Meter Umkreis und genau eine Palme– es sieht aus wie in Cartoons!
Nachdem wir uns von der Schönheit der Inseln etwas erholt hatten, ausgiebig ins kühlende Wasser gesprungen waren und die ersten Fototermine hinter uns gebracht hatten, packten wir unser Dinghi aus und fuhren zum nächsten Strand. Schon vom Schiff aus hatten wir gesehen, dass dort einige Kuna (Einheimische der San Blas Islands) wohnten. Die Kuna sind sehr schöne und extrem freundliche, unaufdringliche Menschen, eher klein, aber mit interessanten Gesichtern und auffallend gesunden und ebenmässigen Zähnen. Die Frauen, die anscheinend das Sagen haben, kleiden sich in farbenfrohe Gewänder, die aus Molas (einzelne Stoffe, die zusammengenäht und bestickt werden) bestehen. Ihr Erscheinungsbild wirkt umso exotischer, da sie genau in der Mitte des Nasenrückens einen vertikalen schwarzen Strich aufgemalt haben und dazu einen goldenen Nasenring tragen. Zu unserer grossen Überraschung gab es auf der Insel eisgekühltes Bier (wohl dank modernen Solarpanels oder Generatoren – nicht alles ist authentisch geblieben), das wir im Schatten einer Holzhütte genossen. Auch Kokosnüsse kauften wir, obwohl unzählige am Boden lagen. Da jede Kokosnuss jemandem gehört, ist es verboten, sie einfach mitzunehmen. Die Kuna verdienen mit den Kokosnüssen einen grossen Teil ihres Einkommens und werden furchtbar böse, wenn man eine Kokosnuss „stiehlt“.
Das Kuna-Dorf
Später machten wir in einem Kuna-Dorf halt. Wir hatten das Dinghi an einem Steg festgemacht, an dem einige Kinder spielten. Als sie sahen, dass wir näherkamen, standen sie aufgeregt am Steg, halfen uns beim Festmachen des Dinghis und beim Aussteigen. Ein kleiner Junge hüpfte ausser sich vor Freude auf und ab und schüttelte sich vor Lachen, als er in das Dinghi plumpste. Als Tom einen seiner Flip Flops aus Versehen ins Wasser fallen liess, war der kleine Junge pfeilschnell wieder im Dinghi und wollte schon nach den Flip Flops tauchen. Diese schwammen aber glücklicherweise auf dem Wasser. Die Fröhlichkeit und Freundlichkeit der Kuna-Kinder haben uns sehr berührt. Die Insel, auf der sie leben, ist unwirklich: Praktisch jeder Quadratzentimeter ist bebaut. Die Kunas wohnen in runden Hütten, die nicht viel höher sind als Tom, und dazwischen gibt es nur enge Gassen. Alles ist pingelig sauber. Nach einer kurzen Tour, auf der wir an Mola-Ständen und einem kleinen Supermarkt vorbeikamen, fragten wir nach Brot. Sofort stand ein Kuna auf und geleitete uns zur nächsten Panaderia, die eigentlich eine Wohnhütte mit einem Schild bei der Eingangstüre war, auf dem „Bakery“ stand. Wir durften in die Hütte eintreten und eine Kuna begrüsste uns sehr freundlich. Die Theke war im grossen Wohnraum eingerichtet und bestand aus einem Tisch, auf dem die Brote mit einem Tuch zugedeckt standen.
Achtung Lobster
Als wir zum Schiff zurückfuhren, kamen gerade zwei Kunas in ihrem kleinen Holzboot (das sie unablässig von Wasser befreien mussten) angepaddelt. Die Kunas verkaufen in ihren Booten Früchte, Gemüse, Eier, Brot, etc. Diese Kunas hier hatten frischen Lobster und eine lebendige Schildkröte im Angebot. Wir nahmen einen Lobster, mussten aber bei den Kuna nachfragen, wie man so etwas überhaupt kocht. Angesichts unserer Unwissenheit und der offensichtlichen Nervosität mit der wir den Lobster auf grösstmöglichem Abstand hielten, grinsten die beiden Kuna von einem Ohr zu anderen. Aber wir schafften es: Am Abend genossen wir ein herrliches Essen mit frischem Lobster!
Ein Hotel ohne Licht
Die nächsten Tage verbrachten wir auf verschiedenen Inseln. So gab es ein Treffen auf Chichime, bei dem wir mit einer Kokosnuss begrüsst wurden und den Kunas bei ihrem traditionellen Tanz zuschauen durften. Zum Einklarieren für Panama segelten wir nach Porvenir, die einzige Insel mit einer Landepiste für kleine Flugzeuge. Gleich daneben gibt es ein Hotel und ein Restaurant, das zwei Menus im Angebot hat (Chicken oder Pulpo - Huhn oder Tintenfisch) und dem regelmässig das Bier ausgeht. Das Licht im Hotel läuft nur bis 23.00 Uhr in der Nacht, danach wird der Generator (an dem tagsüber unzählige Geräte hängen) ausgeschaltet.
Das Einklarieren lief wie am Schnürchen, nicht nur, weil wir Hilfe von einem Spanier erhielten, sondern auch, weil die Customs Officers so freundlich waren. Einer klagte allerdings bei uns über „mucho trabajo“ (viel Arbeit) und „mucho papel“ (viel Papier) – später fanden wir heraus, dass er dies fast jedem, der an diesem Tag einklarierte, gegenüber bemerkte.
Zum Abschluss waren wir noch bei einer Insel namens Banedup. Wir wollten darauf Abend essen. Als wir ankamen gab es zwar gekühltes Bier, aber leider war gerade das Gas ausgegangen, so dass an diesem Abend das „Restaurant“, das aus einfachen Holztischen und Holzbänken bestand, nicht geöffnet hatte.
In dieser Nacht erwachten wir frühmorgens: Der Wind tobte um unser Schiffchen herum und die Wellen schüttelten es kräftig durch. Sofort rannten wir ins Cockpit. Unser Anker hielt den Starkwind aus, aber ein anderes Schiff hatte weniger Glück: Sein Anker hatte sich gelöst. Sofort zogen die Segler ihren Anker ein und setzten ihn erneut, allerdings ziemlich nahe bei uns. Zur Sicherheit warteten wir noch eine gute Stunde, bis wir uns wieder in unsere Koje legten. Wir schliefen aber nicht mehr so ruhig wie zuvor.
Wären da nicht der Panama-Kanal, die Galapagos Inseln und vieles mehr...
Unsere Zeit auf den San Blas Islands ging sehr schnell vorüber und schon bald mussten wir weiter. Lockten uns nicht der Panamakanal, die Galapagos Inseln und French Polynesia – wer weiss, vielleicht wären wir länger auf den San Blas Island geblieben. Dort lässt es sich ganz gut aushalten J.
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Peter (Donnerstag, 30 Januar 2014 08:31)
Hey Robinson, wo ist Freitag?
San Blas ist der Hammer!