Kap Verde - St. Lucia, Dezember 2013

Tschüss Kap Verde
Tschüss Kap Verde

Weiter geht‘s

Etwas ausgeruht, frisch verpflegt und um eine Person dezimiert hissten wir frohen Mutes am 7. Dezember erneut die Segel in Richtung St. Lucia. Das erste ARC-Schiff war bereits in Rekordzeit am Ziel angekommen. Da verwundert es wohl niemanden, dass wir so schnell wie möglich hinterher wollten, obwohl wir zu diesem Zeitpunkt an absolut letzter 

Stelle lagen – wenigstens konnte uns niemand mehr überholen :-).


Zu Beginn profitierten wir von gutem Wind, dem allerdings bald die Puste ausging. Dies war genauso, wie wir es erwartet hatten. Dementsprechend hatten wir uns vorsorglich mit zusätzlichem Diesel ausgerüstet. Bald danach setzten die ersehnten Trade Winds endlich ein, die uns zuverlässig, stetig und mit einer passablen Geschwindigkeit voranbrachten. Die Wellen jedoch waren ziemlich mühsam: Hoch und wild durcheinander gewürfelt. Trotz verschiedener, äusserst durchdachter Theorien fanden wir einfach keine Struktur darin. Einzig wiederkehrend war jede halbe Stunde eine freche Welle von der Seite, die uns durchschüttelte, die Bananen von der Staude riss oder gar einmal um ein Haar die Lifesling (Rettungsmittel mit Schwimmkörper) mit sich forttrug. Das Licht an der Lifesling (das einige Zeit fröhlich im Wasser vor sich hin leuchtete) hatte bis zu diesem Zeitpunkt schon zu interessanten Fantasien angeregt: Einmal war ein anderes Schiff in der Nähe (Tom) und einmal spiegelte sich der Mond im Wasser (Fritz). Sandra löste mit geübtem Kennerblick das Rätsel innert weniger Sekunden (jetzt wisst ihr auch, wer diesen Blog schreibt :-)). Normalerweise ist die Lifesling ja für unsere Sicherheit da - aber wir machten eine Ausnahme und retteten das Rettungsmittel. 

  

Wir nähern uns St. Lucia

Nach wenigen Tagen hatten wir etwas aufgeholt – und tatsächlich ein Schiff überholt. Das feierten wir frenetisch, auch wenn wir mit tiefen Sorgenfalten daran dachten, was diesem Schiff wohl passiert sein mochte. Später in St. Lucia gab es Entwarnung: Es hatte schlicht und einfach keinen Wind gehabt.

  

Die deutschsprachige Funkrunde war immer noch lebendig und Sandra teilte fleissig jeden Tag unsere Position mit. Es tat gut, mit den anderen Schiffen in Kontakt zu sein und zu wissen, dass wir nicht ganz alleine auf dem grossen, wilden Ozean waren. Unzählige E-Mails, SMS über das Satellitentelefon, eine Begegnung mit einem Reisfrachter und das anschliessende Funkgespräch mit Victor (der uns prompt etwas von seinem Reis verkaufen wollte, falls wir zuwenig hätten), viele mit Lesen, Gesprächen und Sinnieren verbrachte Stunden machten die Fahrt kurzweilig. Doch waren wohl alle froh, dass wir uns mit grossen Schritten dem Ziel näherten. Nochmals gabs eine köstliche Goldmakrele. Die letzte Angelaktion mussten wir aber unfreiwillig abbrechen: Eine Möwe (!) hatte sich auf den Köder gestürzt und hing hoffnungslos am Haken fest, der sich durch ihre Augen gebohrt hatte - autsch! Ihre durchdringenden Schreie erschütterten uns bis ins Mark und rasch liessen wir sie wieder frei. Da hatten wir vorerst einmal genug gefischt.

  

Gegen Ende unserer Atlantiküberquerung eröffneten wir gar noch ein Wettbüro, da sich plötzlich von überall her Leute meldeten, die versuchten, unsere Ankunftszeit zu erraten und ihre Tipps abgaben. Sogar völlig Unbekannte meldeten sich per Satellitentelefon zu Wort und gaben ihre Wetten ab – wir waren begeistert! Gewonnen hat schliesslich Sandra’s Mutter, die sich nur um eine halbe Stunde verschätzt hatte! Gratulation! Als Preis haben wir einen Rum Punsch auf sie getrunken – wir nehmen an, dass unsere grosszügigen Preise weitere spannende Wettrunden mit sich ziehen werden und hoffen auf rege Beteiligung! :-)

 

Die Zieleinfahrt

Endlich – endlich: Die Lichter von St. Lucia erstrahlten wie – ja – wie eine rettende Insel im Ozean! Jubelnd riefen wir: „Land in Sicht“ und versuchten uns vorzustellen, wie sich wohl Columbus gefühlt hatte...  Als wir uns der Hafeneinfahrt näherten, knackte und rauschte es plötzlich im UKW-Funkgerät: „Sweet Pearl, Sweet Pearl, Sweet Pearl, this is ARC Office, ...“. Verwundert schauten wir uns an: Wir hatten nicht vor der Hafeneinfahrt mit einem Lebenszeichen gerechnet (obwohl wir natürlich mehrfach um einen eisgekühlten Ankommens-Rum Punsch gebeten hatten). Die Ziellinie der ARC war bereits seit einem Tag verwaist. Wir waren so spät dran, dass wir nicht einmal mehr in die Rangierung aufgenommen wurden. Davon unbeirrt, suchten wir konzentriert unseren Weg in der Dunkelheit vorbei an zahllosen Segelschiffen, die gemütlich vor Anker lagen. Angestrengt hielten wir nach den Marina-Einfahrtslichtern Ausschau. Kaum hatten wir sie passiert und das rotflackernde Licht erspäht, das uns den Weg zu unserem Platz zeigen sollte, als plötzlich ein Ruf erschallte: „Hey, Sweeeet Peeearl – juhuuuuuuuu!!!“ Mehrere Stimmen fielen ein und wir hörten auch eine Kuhglocke: Wir hatten ein Begrüssungskomittee! Was für ein schönes und erhebendes Gefühl, so willkommen geheissen zu werden! Wir jubelten begeistert mit – zugegeben etwas heiser, nach so langer Schonzeit der Stimmbänder. Und dann sahen wir sie: Mehr als 20 Leute hiessen uns fröhlich rufend am Steg willkommen. Sofort hatten wir einen gekühlten Rum Punsch in der Hand (danke ARC!) und umarmten alle der Reihe nach: Die Crews der Boingo Alive, der Capricorn, der Dragon Fly und weitere feierten mit uns. Gut waren wir so spät dran, denn wären wir früher angekommen, hätten uns sicher nicht so viele begrüsst... Sogar eine Ovoschoggi wurde uns mit einem Augenzwinkern geschenkt. Wie heisst es so schön: „Mit Ovi chaschs nöd besser, aber länger!“

 

Nachdem etwas Ruhe eingekehrt war – um vier Uhr in der Nacht – genossen wir eine ausgiebige Dusche und nahmen eine ordentliche Mütze voll Schlaf. Juheeee – wir habens geschafft! Der Atlantik liegt hinter uns!

 

Wir wünschen euch von Herzen einen guten Rutsch ins Jahr 2014!!! Es freut uns sehr, dass so viele unseren Blog interessiert verfolgen! Herzliche Grüsse aus der Karibik, Sandra & Tom

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Kommentare: 5
  • #1

    Charles J Stutz (Dienstag, 31 Dezember 2013 21:43)

    Alles Gute im Neuen Jahr und viel Glück bei der bevorstehenden WARC! Die 1. grössere Etappe habt Ihr ja schon bravourös hinter Euch. Charles

  • #2

    Christoph (Donnerstag, 02 Januar 2014 18:01)

    Wünsche euch alles Gute für 2014... wenn ich mir so die Photos anschaue und euren Reisebericht lese, möchte ich auch gleich lossegeln! Weiterhin gute Fahrt!
    P.S. sorry für die verspäteten Neujahrswünsche, aber in Bern geht halt alles ein wenig langsamer zu und her....

  • #3

    Amy & Carolin (Samstag, 04 Januar 2014 19:34)

    Happy New Year ihr beiden!

    Stossen bei einem Glass Prosecco auf das neue Jahr an und lesen Eure Reiseberichte! Sind hell auf begeistert und wuenschen Euch ein spannendes, erlebnisreiches 2014

    Bis bald, eure londoner maedels xx

  • #4

    Ludwig (Montag, 06 Januar 2014 19:08)

    Herzliche Congrats zur Atlanic crossing Great! Nun segelt man mit einem anderen Selbstbewusstsein hola! Und natürlich Au nö e Guets Nöis und weiterhin immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel Ludwig und lotti

  • #5

    Fabian (Freitag, 10 Januar 2014 17:17)

    Gratulation zur ersten Etappe, ihr tollkühnen Segler :-) Geniesst noch das Festland und alles Gute für die Weiterfahrt!